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Sind Ihre Exportgeschäfte fit für die „No-Russia-Klausel“? – So sichern Sie Ihre Verträge

Mit dem 12. Sanktionspaket der EU wurde die sogenannte „No-Russia-Klausel“ eingeführt. Sie verpflichtet Sie, bei Exportgeschäften striktere Maßnahmen gegen die Umgehung von Sanktionen einzuhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Ihr Unternehmen bislang von Russlandsanktionen unberührt geblieben ist – die neuen Anforderungen gelten für alle, die Waren oder Technologien in Drittländer exportieren. Doch was bedeutet das konkret für Sie? Welche Änderungen müssen Sie bei der Vertragsgestaltung beachten, und wie können Sie sich rechtlich absichern? Wir geben Ihnen konkrete Handlungsempfehlungen, damit Ihre Exportgeschäfte auch weiterhin reibungslos und regelkonform laufen.

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Das Russland-Dossier (Stand: November 2025)

Julianna Straib-Lorenz

27.02.2025 · 6 Min Lesezeit

Mit dem 12. Sanktionspaket der EU wurde die sogenannte „No-Russia-Klausel“ eingeführt. Sie verpflichtet Sie, bei Exportgeschäften striktere Maßnahmen gegen die Umgehung von Sanktionen einzuhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Ihr Unternehmen bislang von Russlandsanktionen unberührt geblieben ist – die neuen Anforderungen gelten für alle, die Waren oder Technologien in Drittländer exportieren. Doch was bedeutet das konkret für Sie? Welche Änderungen müssen Sie bei der Vertragsgestaltung beachten, und wie können Sie sich rechtlich absichern? Wir geben Ihnen konkrete Handlungsempfehlungen, damit Ihre Exportgeschäfte auch weiterhin reibungslos und regelkonform laufen.

Was bedeutet die „No-Russia-Klausel“ für Sie?

Die „No-Russia-Klausel“ verpflichtet Sie dazu, in Ihre Verträge mit Geschäftspartnern in Drittländern eine klare Regelung aufzunehmen: Die Wiederausfuhr von Waren oder Technologien nach Russland sowie deren Verwendung in Russland muss ausgeschlossen werden.

Konkret betrifft dies folgende Vertragsarten:

  • Verkauf
  • Lieferung
  • Verbringung
  • Ausfuhr

Zusätzlich sind Sie verpflichtet, Verstöße Ihrer Geschäftspartner den zuständigen Behörden – in Deutschland dem BAFA – zu melden. Das bedeutet: Sobald Sie Kenntnis über eine Umgehung der Klausel erhalten, müssen Sie aktiv werden.

So setzen Sie die Klausel in der Praxis um

Integrieren Sie die Klausel in alle relevanten Verträge

Stellen Sie unbedingt sicher, dass die erforderliche Klausel spätestens zum Zeitpunkt der Ausfuhr, Lieferung oder Weitergabe der Güter nachweislich im Vertrag enthalten ist. Die EU stellt Ihnen dafür Musterformulierungen bereit, die Ihnen den Einstieg erleichtern.

Vereinbaren Sie Abhilfemaßnahmen

Für den Fall eines Verstoßes sollten Sie auf jeden Fall Sanktionen wie Vertragskündigung oder Vertragsstrafen in Ihre Vereinbarungen aufnehmen. Derartige Schutzmaßnahmen dienen nicht nur der Abschreckung, sondern auch Ihrer rechtlichen Absicherung.

Schulen Sie Ihr Team

Informieren Sie Ihre Mitarbeiter gründlich über diese neuen Anforderungen und sorgen Sie unbedingt dafür, dass die Regelungen in Ihrer Organisation bekannt und in geeigneter Form verankert sind.

Welche Güter und Technologien sind betroffen?

Die „No-Russia-Klausel” betrifft eine Vielzahl von Gütern, darunter:

  • Produkte der Luft- und Raumfahrtindustrie (Anhang XI)
  • Flugturbinenkraftstoffe und -additive (Anhang XX)
  • Feuerwaffen und andere Waffen (Anhang XXXV)
  • Feuerwaffen und Munition (Anhang I der VO 258/2012)

Die nachfolgend genannten Länder sind laut Anhang VIII der VO 833/2014 ausgenommen:

  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz

Was passiert bei Verstößen?

Ein Verstoß gegen die „No-Russia-Klausel“ kann schwerwiegende Folgen für Ihr Unternehmen haben:

  • Bußgelder: Ordnungswidrigkeiten nach § 82 AWV
  • Strafrechtliche Konsequenzen: Straftatbestände nach §§ 18, 19 AWG

Achtung

Die Einhaltung der Klausel ist also nicht nur eine rechtliche Pflicht, sondern auch ein entscheidender Faktor für Ihre Geschäftssicherheit. Sie schützen damit Ihr Unternehmen vor potenziellen Sanktionen, die finanzielle Verluste oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Zudem stärken Sie so Ihre Vertrauenswürdigkeit bei Geschäftspartnern und Behörden, denn Sie können damit nachweisen, dass Sie die gesetzlichen Anforderungen ernst nehmen und aktiv umsetzen.

Unsere Handlungsempfehlungen helfen Ihnen bei der Umsetzung

Überprüfen Sie bestehende Verträge

Für Verträge, die vor dem 19. Dezember 2023 geschlossen wurden, gilt ein Übergangszeitraum bis zum 19. Dezember 2024. Danach müssen auch diese Verträge angepasst werden, sofern sie verlängert oder erneuert werden.

Setzen Sie auf vorausschauende Exportkontroll-Compliance

Entwickeln Sie eindeutige Prozesse zur Überprüfung Ihrer Exportgeschäfte und implementieren Sie effektive Kontrollmechanismen. Dabei können Sie die Einhaltung der „No-Russia-Klausel“ durch ein strukturiertes Vorgehen sichern. Folgende 8 Schritte der Exportkontrolle bieten Ihnen eine Orientierung:

  1. Bekenntnis der Unternehmensleitung: Ihre Geschäftsführung muss sich klar zur Einhaltung der Exportkontrollvorschriften bekennen und diese als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie verankern.
  2. Risikoanalyse: Identifizieren und bewerten Sie die Risiken Ihrer geschäftlichen Tätigkeiten sorgfältig, insbesondere in Bezug auf Ihre Exportmärkte und potenzielle Umgehungsversuche.
  3. Organisationsaufbau: Richten Sie klare Zuständigkeiten und ein Berichtswesen ein, damit Verantwortlichkeiten transparent geregelt sind.
  4. Personal und Arbeitsmittel: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig und stellen Sie geeignete Tools und Ressourcen für die Exportkontrolle bereit.
  5. Regelmäßige Audits: Führen Sie kontinuierlich interne und externe Prüfungen durch und passen Sie Ihr Internes Kontrollprogramm (ICP) bei Bedarf an.
  6. Ablauforganisation: Definieren Sie klare Prozesse für Exportprüfungen, Genehmigungsanträge und die Einhaltung der neuen Klausel.
  7. Aufbewahrung von Belegen: Dokumentieren Sie alle relevanten Vorgänge sorgfältig und bewahren Sie sie für mögliche behördliche Kontrollen auf.
  8. Sicherheit: Sorgen Sie dafür, dass sensible Informationen und Technologien gegen unbefugte Nutzung geschützt werden. Neben physischen Sicherheitsmaßnahmen (Zutrittskontrollsysteme etc.) ist Cybersicherheit heute ein wesentlicher Faktor. Stellen Sie sicher, dass Ihre IT-Systeme gegen Cyberangriffe geschützt und damit sensible Informationen wie Vertragsdaten, Exportdokumente und Kundendaten besonders geschützt sind. Das stellen Firewalls, Verschlüsselungstechnologien und Zugriffsrechte sicher. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter im sicheren Umgang mit Daten und entwickeln Sie einen Notfallplan für den Fall einer Cyberattacke.

Mein Tipp

Mit diesen Schritten schaffen Sie eine solide Grundlage für eine rechtssichere und zukunftsorientierte Exportkontroll-Compliance in Ihrem Unternehmen, minimieren Risiken und stärken die Verlässlichkeit Ihrer Exportgeschäfte.

Nutzen Sie die Gelegenheit zur Vertragsoptimierung

Die „No-Russia-Klausel“ kann Ihnen auch helfen, Ihre Exportverträge insgesamt rechtssicherer zu gestalten. So schaffen Sie Transparenz und vermeiden Risiken. Zusätzlich können Sie folgende Aspekte in Ihre Vertragsgestaltung einfließen lassen:

  • Klarstellung von Verantwortlichkeiten: Definieren Sie eindeutig, welche Pflichten Ihre Geschäftspartner übernehmen müssen, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung von Exportkontrollvorschriften und Sanktionen.
  • Einführung von Prüfpflichten: Vereinbaren Sie, dass Ihre Geschäftspartner verpflichtet sind, regelmäßig zu prüfen, ob ihre Geschäfte mit den vertraglichen Anforderungen und geltendem Recht übereinstimmen.
  • Sanktionen bei Vertragsverstößen: Ergänzen Sie angemessene Maßnahmen wie Vertragsstrafen oder eine Kündigungsklausel für den Fall, dass Ihre Partner gegen die Exportkontrollvorgaben verstoßen.
  • Berichtspflichten: Legen Sie fest, dass Geschäftspartner verpflichtet sind, Verstöße oder potenzielle Risiken unverzüglich zu melden. Das erhöht Ihre Reaktionsgeschwindigkeit und minimiert Schäden.
  • Zusätzliche Compliance-Klauseln: Ergänzen Sie Klauseln, die die Einhaltung anderer relevanter Regularien betreffen, wie z. B. Anti-Korruption, Geldwäscheprävention oder Datenschutz.
  • Präzisere Lieferbedingungen: Beschreiben Sie in Ihren Verträgen klar, welche Bedingungen für die Lieferung gelten, insbesondere bei der Verbringung in Drittländer.
  • Langfristige Flexibilität: Bauen Sie Klauseln ein, die es ermöglichen, Verträge an neue rechtliche Vorgaben anzupassen, ohne den gesamten Vertrag neu verhandeln zu müssen.
  • Definition der „höheren Gewalt“ (Force Majeure): Überarbeiten Sie diese Klausel, um sicherzustellen, dass sie auch Fälle abdeckt, die durch weitere Sanktionen oder Exportbeschränkungen entstehen können.
  • Standardisierung von Vertragstexten: Entwickeln Sie standardisierte Vertragsvorlagen, die rechtlich geprüft sind und sich einfach an neue Gegebenheiten anpassen lassen.
  • Externe Beratung einholen: Ziehen Sie bei komplexen Exportgeschäften externe Experten oder Rechtsanwälte hinzu, um Verträge optimal abzusichern.

Beispielformulierung für die „No-Russia-Klausel“

Sie können die Formulierungsempfehlung der EU-Kommission nutzen.

Achtung

Die „No-Russia-Klausel“ kann Ihnen auch helfen, Ihre Exportverträge insgesamt rechtssicherer zu gestalten. Gleichzeitig ist es wichtig zu beachten, dass Verträge grundsätzlich der Vertragsfreiheit unterliegen – ein Grundprinzip des Vertragsrechts. Mit der „No-Russia-Klausel“ greift die EU jedoch stark in die Rechte von Unternehmen ein, indem sie eine verpflichtende Regelung in ihre Vertragsgestaltung integriert. Dieser Eingriff bedeutet, dass jedes Unternehmen gezwungen ist, diese Klausel zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob bisher Berührungspunkte mit den Russlandsanktionen bestanden. Um sicherzustellen, dass die Klausel korrekt und individuell auf Ihre Geschäftstätigkeit angepasst wird, sollten Sie diese durch einen internen Juristen oder einen spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen. Nur so können Sie gewährleisten, dass die Klausel rechtssicher umgesetzt wird und gleichzeitig Ihre unternehmerischen Interessen gewahrt bleiben.

Hier finden Sie den Link zum Download der EU-Formulierungsempfehlung:

https://finance.ec.europa.eu/publications/no-re-export-russia-clause_en

Verwenden Sie die richtige Codierung in der Ausfuhranmeldung

Die „No-Russia-Klausel“ endet nicht bei der Vertragsgestaltung – auch in der Ausfuhranmeldung müssen Sie sicherstellen, dass diese korrekt berücksichtigt wird. Das bedeutet, dass die Klausel in Ihrer Anmeldung entsprechend codiert werden muss, sofern der Elektronische Zolltarif (EZT) dies anzeigt.

Sie sehen im Beispielbild (unten), wie das aussieht. Prüfen Sie vor dem Eintragen der Codierung, ob Ihre Verträge auch eine entsprechende Klausel enthalten. Manchmal hat der Versand keinen Zugriff auf Kundenverträge.

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Julianna Straib-Lorenz ist Unternehmensberaterin, Autorin und Dozentin im Bereich Außenwirtschaft. Dank ihrer mehr als 16 Jahre Erfahrung im Zoll- und Logistikbereich in verschiedenen Branchen steht sie Ihnen mit Rat und […]