Leserfrage

Mit welchen praxistauglichen Strategien können Sie Zusatzzölle vermeiden?

Leser haben uns diese Frage gestellt – wir liefern die Antwort.

Enthalten in

Infoticker USA: Alle Updates zu Strafzöllen & Co (Stand: Mai 2025)

Holger Schmidbaur

17.03.2025 · 2 Min Lesezeit

FRAGE: Immer wieder erreichen uns in der Redaktion derzeit Fragen, welche typischen Methoden von Unternehmen angewendet werden können, um Zusatzzölle wie die von Donald Trump eingeführten Zölle zu umgehen oder ihre Auswirkungen zu minimieren. Darauf möchte ich hier genauer antworten.

ANTWORT:  Es gibt 6 Möglichkeiten, wie ein Unternehmen Zusatzzölle umgehen könnte, die wir uns nachfolgend im Detail anschauen wollen. Ich möchte Ihnen auch eine Bewertung der Methoden mit auf den Weg geben, damit Ihnen die jeweiligen Risiken bewusst sind.

1. Verlagerung der Produktion ins Ausland:
Beschreibung: Unternehmen verlagern ihre Produktion in Länder, die nicht von den Zusatzzöllen betroffen sind. Dies ist eine der häufigsten Reaktionen auf Zölle, insbesondere für Branchen wie Elektronik und Automobilindustrie.
Bewertung: Diese Methode ist zwar einigermaßen effektiv, aber teuer und zeitaufwendig. Die Verlagerung der Produktion kann hohe Investitionen in neue Produktionsstätten und Logistik erfordern. Außerdem müssen Unternehmen die langfristigen Auswirkungen auf die Qualität, die Kontrolle der Lieferketten und die Arbeitskosten berücksichtigen. Auch kann hier eine bewusste Umgehung unterstellt werden, sodass dann dennoch Zusatzzölle bezahlt werden müssen (siehe EuGH-Urteil zu Harley-Davidson „Exportkontrolle in der Praxis“, KW 08/2025).

2. Verwendung von Drittland-Konsolidierungsstrategien:
Beschreibung: Produkte werden in einem Drittland, das nicht von den Zöllen betroffen ist, verarbeitet, bevor sie in das Land mit den Zöllen eingeführt werden. Dieses Verfahren wird auch als „Transit Trade“ bezeichnet.
Bewertung: Diese Strategie kann kurzfristig funktionieren, birgt aber Risiken wie Zollprüfungen, zusätzliche Kosten und genauere Ursprungsprüfungen, die bei falschen Angaben zu Strafen führen können.

3. Falsche/andere Ursprungsangabe:
Beschreibung: Unternehmen geben absichtlich falsche Ursprungsangaben an, um Produkte aus Ländern mit höheren Zöllen als aus Ländern mit niedrigen Zöllen oder Freihandelsabkommen zu deklarieren.
Bewertung: Das ist illegal und kann zu rechtlichen Konsequenzen wie hohen Strafen und dem Verlust der Geschäftslizenz führen. Zollbehörden setzen zunehmend Technologien ein, um diese Praktiken zu identifizieren.

4. Verwendung von Freihandelszonen/aktiver Veredelung:
Beschreibung: Die Nutzung von Freihandelszonen/aktiver Veredelung hilft Unternehmen, Waren zu lagern, zu bearbeiten oder zu vertreiben, bevor sie in das endgültige Zielgebiet geschickt werden.
Bewertung: Diese Methode kann sehr effektiv sein, solange sie den Vorschriften entspricht. Unternehmen müssen ­jedoch sicherstellen, dass sie die komplexen Anforderungen der Freihandelszonen vollständig verstehen und einhalten.

5. Diversifizierung der Lieferantenbasis: Beschreibung: Unternehmen suchen nach alternativen Lieferanten in Ländern, die von den Zöllen nicht betroffen sind, um ihre Abhängigkeit von zollbelasteten Regionen zu verringern.
Bewertung: Diese Methode kann kurzfristig nützlich sein, aber es gibt Herausforderungen in Bezug auf Qualität, Lieferketten und Kosten. Die Suche nach neuen Lieferanten kann auch Zeit in Anspruch nehmen und zu einer Verlagerung von Produktionskosten führen.

6. Änderung der Zolltarifnummer (Umklassifizierung):
Beschreibung: Eine Umklassifizierung bedeutet, dass ein Unternehmen versucht, ein Produkt unter eine andere Zolltarifnummer zu deklarieren, die von den Zusatzzöllen nicht betroffen ist oder einen niedrigeren Zollsatz hat. Dies könnte durch eine Neuinterpretation der Produktmerkmale oder der Produktkategorie geschehen.
Bewertung: Diese Praxis ist riskant und oft illegal, wenn sie nicht auf einer gültigen Auslegung des Zolltarifs beruht. Die Zollbehörden prüfen Umklassifizierungen genau und verhängen Strafen bei Betrug.

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Holger Schmidbaur ist als Global Customs & Trade Manager in der Schweiz angestellt und verantwortet in dieser Position die globalen Zoll- und Außenwirtschaftsprozesse. Vor dieser Funktion hat er als Zoll- […]

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KW 12 I 2025

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17.03.2025