Wirtschaftsweise: leichter Konjunkturaufschwung erst ab 2026
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – die Wirtschaftsweisen – stellte Ende Mai seine aktualisierte Prognose für die heimische Wirtschaft vor. Die neuen, korrigierten Zahlen sprechen für ein bitteres Szenario. Das deutsche Wirtschaftswachstum werde 2025 stagnieren, nachdem die beiden letzten Jahre von einer Rezession geprägt waren. Mit ihrer Einschätzung bestätigten die 5 Experten die überarbeitete Erwartung der alten Bundesregierung aus dem April. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte seinerseits erst für das kommende Jahr einen Aufschwung und ein Plus von 1,0 % in Aussicht gestellt. Die Ursachen für die Analyse der Wirtschaftsweisen sind in Teilen hinlänglich bekannt. Zu hohe Bürokratie-Hürden und mühsame Genehmigungsverfahren vereiteln weiterhin das so dringend nötige Wachstum.
Trump ist für den Expertenrat die größte Unwägbarkeit
Neu hingegen ist der Verweis auf die „sprunghafte Zollpolitik“ Donald Trumps. Sie stelle für die exportorientierte deutsche Wirtschaft eine massive Belastung dar. Regionen und Branchen, die sich bisher als wirtschaftsstark erwiesen haben, würden nun ebenfalls zusehends unter Druck geraten. Die Folge: Auch vermeintlich krisensichere Bereiche der Industrie seien laut dem Frühjahrsgutachten nun vom beschleunigten Strukturwandel betroffen. Günstig werde sich der Prognose zufolge immerhin die Inflation entwickeln. Sie werde 2025 durchschnittlich auf 2,1 % und im Jahr 2026 auf 2,0 % sinken. Vorauseilend unterstrich die Sachverständige Veronika Grimm die große momentane Unsicherheit, die zuverlässige Aussagen erschwere. Ganz allgemein hätten Handelskonflikte das Potenzial, Marktpreise und damit verbundene wirtschaftliche Risiken in Bewegung zu setzen. Das enorme Schuldenpaket der Regierung Merz biete hingegen offensichtliche Chancen.
Entscheidend sei, wie die Mittel letzten Endes verwendet würden. Ein Wachstumspfad sei erreichbar, um Deutschlands Volkswirtschaft „zukunftsfähig“ zu machen. Allerdings nur mit klaren Haushaltsregeln. Zum Problem könnte ein Scheitern an den Schuldenvorgaben der EU werden.
KI könnte den Zollstreit verschlimmern
Global gesehen, könnte der Boom von KI-Technologie eine Einigung im Handelsstreit zwischen China und den USA zunichtemachen. Mit Warnungen vor Chips des chinesischen Unternehmens Huawei zog die US-Regierung den Zorn Pekings auf sich. China sieht den ohnehin fragilen Frieden im Konflikt gefährdet und warnte vor weiteren Gegenmaßnahmen wegen des fortschreitenden US-amerikanischen Protektionismus. Dieser Kurs könne die weltweite Halbleiterindustrie und die gesamten Lieferketten schwerwiegend beeinträchtigen. Einseitige ökonomische Hemmnisse bei der Entwicklung von Hochtechnologien wie eben Künstlicher Intelligenz seien schlichtweg Fehlentscheidungen und würden automatisch zu Reaktionen führen. Die USA müssten den geltenden internationalen Wirtschafts- und Handelsregeln den erforderlichen Respekt entgegenbringen. China lasse sich nicht ohne Widerstand durch den großen Widersacher ausbremsen.
Übrigens: Die USA legen in diesem Kontext auch eigenen Anbietern Steine in den Weg. Ginge es nach Donald Trump, wären Hightech-Chips des US-Herstellers Nvidia nicht mehr auf dem chinesischen Markt verfügbar. Huawei-Produkte sollten zudem selbst in Drittstaaten nicht mehr erhältlich sein.
Deutsche Wirtschaft sitzt zwischen den Stühlen
Das Beispiel KI zeigt sehr deutlich die festgefahrenen Positionen im Zollstreit. Deutschland trifft eine Verschlechterung der US-China-Beziehungen im Fall der Fälle besonders schwer, weil die deutsche Wirtschaft derzeit bereits mit größeren Problemen als andere Staaten der EU zu kämpfen hat. In Europa ist die deutsche Industrie inzwischen vom Vorreiter zum Sorgenkind geworden. Gelingt der neuen Bundesregierung wenigstens in einigen Punkten die schnelle Umsetzung ihrer Konzepte, könnten Unternehmen mit etwas mehr Gelassenheit auf eine Ausweitung des Handelsstreits und die steigenden Rohstoffpreise schauen.